Stormchase USA 2004 - Tag 16 (Index)

18.05.2004: Russel, KS - Salina, KS - Lincoln, NE - Omaha, NE (300 Meilen)



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Freunde treffen und uns neu positionieren

Letzte Nacht und am frühen Morgen sind im Osten von Kansas zahlreiche Gewitter nieder gegangen. Sie haben ziemlich viel schwüle Luft vernichtet, die am Abend noch drückend über uns lag. Wir erwachen mitten in dicken Wolken, es ist trüb und nur mässig warm.

Wohin gehen? Nach Bangladesh am besten, oder aber weit in den Südwesten von Kansas in die Hügel, wo an der Dryline sicherlich das eine oder andere Gewitterchen drin liegt. Wir entscheiden uns für eine andere Lösung. Da heute auch Sven Plöger und seine Frau Andrea zu uns stossen, und die letzte Woche mit uns zusammen reisen, geben wir ihnen unseren Standort durch und warten auf ihre Ankunft. Ein Bild von ihrem Flug:



Mittags treffen die beiden ein und wir besprechen umgehend unsere nächsten Schritte:





Morgen ziehen die Höhenwinde über Nebraska und Iowa kräftig an, und es wird ein Gebiet nördlich von uns geben, wo gleichzeitig sehr feuchte Bodenluft und starker Höhenwind zusammen mit einem durchschwenkenden Kurzwellentrog prognostiziert werden. Das SPC (Storm Prediction Center) gibt ein moderate Risk für diese Region. Es wäre unklug, heute isolierte Gewitter im Südwesten zu suchen und dann morgen nicht mehr rechtzeitig an den möglichen Ausbruch 400 Meilen nördlicher zu gelangen. So beschliessen wir bereits heute zu viert Richtung Omaha zu gehen, das wir ja schon bestens kennen vom Tag 8, als wir eine Superzelle bis fast Minneapolis gejagt hatten. Unterwegs durchqueren wir dunkelgrauen Nieselregen bei 22 Grad und Nebel.



Wenn es so aussieht, dann beträgt auch der Taupunkt 22 Grad, was einer relativen Feuchtigkeit von 100 Prozent entspricht. Es sieht wirkt zwar wie bei uns im November, aber es sind nicht 2 sondern eben 22 Grad. Warum ist dieser Unterschied so wichtig? Eine Luft, die 22 Grad warm und 100 Prozent feucht ist, enthält knapp 20 Gramm Wasser pro Kubikmeter. Bei 2 Grad und 100 Prozent sinds hingegen nur 5.5 Gramm, also nur etwa ein Viertel so viel. Damit gehts einem Gewitter hier deutlich besser als einem bei uns im November.

Wir merken das auch, wenn wir kurz aussteigen. Es kommt Waschküchen- Feeling auf, man schwitzt sogar etwas, trotz leichter Bekleidung, und das ist ebenfalls ein grosser Unterschied zu unserem Novemberwetter!

Ein Hagel-Automat:



Zurück zu den Tornados: Hier im mittleren Westen ist auch ein IMAX-Filmteam am Chasen. Sie haben ziemlich interessante Ambitionen, denn sie begnügen sich nicht mit dem Filmen von Tornados, sondern sie wollen direkt in einen Tornado hinein fahren ihn von innen filmen, etwa so ähnlich wie kurz vor dem Ende des Films "Twister", wo die beiden Hauptdarsteller quasi ins Auge eines Tornados geraten. Aber was ist der Unterschied zwischen der Fiktion und der Realität? In erster Linie sicherlich die umherfliegenden Trümmerteile, die doch ganz schön ans Lebendige gehen können, wenn sie so mit 300 bis 400 km/h unterwegs sind. Daher haben die Leute vorsorglich schon mal das gesamte Chaser-Fahrzeug gepanzert. Damit es nicht aufgesaugt wird, kann das Fahrwerk eingeklappt und das Fahrzeug verankert werden. Das Ding sieht ziemlich abgefahren aus. Eine Mischung zwischen Panzer und Ufo, und wenn ich dem Ding spätabens begegnen würde, also ich wüsste nicht gleich, welcher Art diese Begegnung wäre...



Zurück zu den normalen Chasern ins einigermassen normalen Autos. Wir hoffen, dass wir morgen wieder an die interessanten Gewitterzellen rankommen und nochmals eine gute Chance bekommen. Die Sachen werden schnell ziehen, es wird sicherlich nicht einfach, aber wir werdens auf jeden Fall nochmals versuchen.

An dieser Stelle ein Gruss, besonders auch an unsere treuen Tagebuchleser, die laut eigenen Aussagen jeden Abend sehnlichst auf diesen Bericht warten, obwohl wir noch nicht mit aufgesogenen und umher wirbelnden Trümmer auffahren konnten.

Text und Bilder ©2004 Markus Pfister, Mark Vornhusen