Stormchase USA 2008 - Tag 10 (Index)

08.05.2008: Dodge City, KS - Garden City, KS - Jetmore, KS - Pratt, KS (290 Meilen)



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Wir sitzen wieder einmal vor dem "Staples" in Garden City am WLAN. Dieser Ort hat uns vor zwei Tagen Glück gebracht, als wir den Hagel unweit von hier erwischten. Der Himmel zeigt eine vorerst harmlose, gedeckelte Luftmasse, doch ein in der Höhe sehr gut definiertes Hebungsgebiet soll mitsamt toller Scherung in den unteren Luftschichten bald hier drüber ziehen.



Um 19:15 UTC ist es soweit. Rund 20 Meilen nordwestlich von Garden City schiessen die ersten Quellwolken empor, die zu unserem Erstaunen bereits zu Tornadoreports führen, als auf dem Radar noch kaum Echos zu sehen sind. Später stellt sich heraus, dass es sich bei den Tornados um sogenannte "Landspouts" handelt, also Luftwirbel, ähnlich den Wasserhosen, die nicht direkt an eine rotierende Superzelle gekoppelt sein müssen. Zu dieser Zeit gab es noch keine Superzelle:



Eine gute Stunde später bildet sich eine vielversprechende Wolkenbasis aus, die uns freudig stimmt. Situation nach Westen um 20:30 UTC:



Und Blick nach Osten, wo ein extrem langgestreckter Amboss mit den starken Westwinden abtransportiert wird. Solche langen Dinger sagen uns vor allem eins: Es könnte heute alles ziemlich hektisch werden, wenn die Zelle erst mal Fahrt aufgenommen hat:



Heftige Quellungen schiessen nun hoch über uns aus dem Turm heraus:



Die Wolkenbasis reagiert sofort und geht mehr und mehr in einen fotogenen Superzellenmodus mit Wallcloud und Lowering bzw. Absenkung:





Eine Augenweide, wie sie klassischer nicht sein könnte. Tolle Struktur! Das System reisst nun förmlich die Luft in sich rein, wir schätzen 25 Knoten Inflow und sehen Büsche in Richtung Superzelle rollen (4.5MB)





Zeitraffer der Superzelle (DIVX, 20MB)

Kleine Funnels, aber ohne Regenvorhang der durch den RFD (Abwind auf der Rückseite des Gewitters) um dieses Gebilde herumgewirbelt wird, reicht es noch nicht zum Tornado. Die Rotation ist da, sie ist heftig, aber sie muss noch konzentrierter werden auf engerem Raum:



Das Gewitter geht in einen neuen Zyklus, später dann mit Regenvorhang und RFD, der zeitweise sogar eine ganze Runde um die Rotations-Achse des Systems herumgeführt wird:



Neue kleine Funnels, aber nichts Dramatisches:



Noch immer herrscht stürmischer Inflow, der viel Staub aufwirbelt:



Da kommt der "ersehnte" Regen:



Wieder näher dran. Die Sonne scheint durch den sogenannten Clear Slot auf der Westseite des Systems rein, also müssen wir dringend noch weiter nach Osten, um wieder mehr sehen zu können. Das geht nur via Süden, da die Wolke jetzt immer schneller nach Südosten zieht:



Einmal stehen wir unter einem heftigen Aktionsbereich der Zelle und können aus dem Dachfenster sogar ohne Zeitraffer sehr tolle Bewegungen (3MB) sehen:

Schliesslich schaffen wir wieder einen hauchdünnen Vorsprung und sehen erneut tolle Strukturen, nun mit immer mehr Regenvorhängen. Das ganze ist jetzt nicht mehr so "Low Precip" wie noch zu Beginn:



Und was ist das? Eine ziemlich furchterregende, verdrehte, rotierende Wolkenschraube mit Regenvorhängen, aber kein Tornado (wurde auch nicht reportet). Aber, meine Güte, FAST!!!



Die Zelle rast nun förmlich nach Ostsüdosten:



Sie wird nun zu einem grün schimmernden High Precip-Biest und beginnt mit Hagel um sich zu werfen. Wir schaffen es trotz immer schnellerer Ostverlagerung noch einmal haarscharf an die Vorderseite nach Jetmore hinein unter ein Tankstellendach, bevor das ganze mit voller Wucht den Ort trifft:







Hagel mischt sich unter den sintflutartigen Regen:



Gute bis sehr gute Körner sind dabei!







Der Hagel wird neuerdings von uns kalt gestellt:



Kurz nach dem Durchgang, der in Jetmore in zwei Schüben erfolgte und laut Reports zu vereinzelten Schäden an Fensterscheiben ("combination of wind and hail") und Strom-Transformatoren führte:



Video des Gewitterdurchgangs in Jetmore (DIVX, 37MB)

Das System rast nun mit über 30 Knoten nach Osten davon. Auf der Rückseite stellen sich sehr kühle Nordwinde ein, und im Westen drückt die Sonne. Leider so zaghaft, dass sich die erhofften Abend-Licht-Effekte etwas in Grenzen halten:



Wir gehen auf der Rückseite noch etwas mit, schauen Blitze, die grösstenteils intra-cloud bleiben, und landen schliesslich in Pratt in einer Inn, wo wir noch ein wenig mit dem mitgebrachten Hagel spielen. Schalen-Typ:



Konglomerat-Typ:



Ausgangs-Situation: Eine Gallone Eistee aus dem Wal-Mart, die den ganzen Tag im Auto lag und damit lauwarm ist:



Benötigte Zutaten: Becher, Strohhalm und 1 Superzelle mit 2 bis 3 frisch gewaschenen Exemplaren Ex-Golfball-Hagel:



Hagel in Becher geben:



Eistee dazukippen, umrühren..



Prost!



Der Tag ist ein 4-Sterne-Klassiker. Die Scherung und, durch die rasche Ost-Drift der Zellen, auch die SRH (Storm Relative Helicity) war heute traumhaft. Es fehlte an drückend-schwülen 20er-Taupunkten. Dann wärs mit hoher Sicherheit zu einem Tornado gekommen.

Text und Bilder ©2008 Markus Pfister, Mark Vornhusen